Glucosamin und Arthrose

Wer von Ihnen hat noch nie von Glucosamin gehört?Glucosamin und Arthrose

Die meisten Personen mit Arthrose werden wohl wissen, dass dies ein Produkt ist, das von vielen Menschen mit Gelenkbeschwerden verwendet wird. Oft vergeblich, dass werden viele auch wissen oder sogar selbst erlebt haben. Aber was genau ist es und warum ist es so populär, wenn es bei den meisten überhaupt nicht wirkt?

Was ist Glucosamin?

Glucosamin kommt in fast allen Körpergeweben vor. Die höchsten Konzentrationen finden sich jedoch in Knorpel, Bändern und Sehnen.
Proteoglykane, die großen Moleküle, die dafür sorgen, dass der Knorpel Feuchtigkeit zurückhält, Stöße absorbiert und glatt ist, bestehen größtenteils aus Glucosamin. Glucosamin liefert somit die Bausteine für Proteoglykane. Gleiches gilt für die Schmiermoleküle in der Gelenkflüssigkeit: Hyaluronsäure enthält auch viele Glucosamin-Bausteine.

Warum sollten Sie Glucosamin einnehmen?

Der Hintergedanke der oralen Einnahme von Glucosamin ist: „Wenn mein Knorpel abgenutzt ist, habe ich einen Mangel an Bausteinen. Glucosamin ist ein wichtiger Baustein. Wenn ich ihn also zusätzlich einnehme, wächst mein Knorpel bestimmt wieder nach.”
Diese Argumentation trifft in zwei Punkten nicht zu.

  • Oft ist ein Mangel an Baustoffen nicht(oder: nicht die einzige) Ursache für Knorpelverschleiß. Wenn eine Abnutzung des Knorpels auftritt, hat dies in der Regel eine mechanische Ursache (langanhaltende und häufige Überlastung, z. B. verschlissene Knie bei Straßenbauern) oder eine entzündungsbedingte Ursache. Entzündungen führen zu einer Zunahme der Produktion von Enzymen, die den Knorpel abbauen (MMPs). Tritt also eine Entzündung in oder in der Nähe eines Gelenks über einen längeren Zeitraum auf, kommt es zum Knorpelverschleiß (und damit Arthrose). Auch ein langfristig leicht erhöhter Wert von Entzündungsfaktoren im Körper (nicht wahrnehmbar, auch „Low Grade Entzündung” genannt) kann auf diese Weise Arthrose verursachen.
    In diesen beiden Fällen hätte eine zusätzliche Glucosamin-Zufuhr keinen Wert: Die mechanische Belastung wird nicht gestoppt und die Entzündung nicht durch Glucosamin gehemmt.
  • Der Knorpel kann nicht nachwachsen, mit Ausnahme sehr seltener Ausnahmefälle (siehe z. B. den Artikel zur Gelenkdistraktion). Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, um sicherzustellen, dass der beschädigte Knorpel regeneriert, ist daher totaler Unsinn. Solange eine Entzündung im Gelenk vorhanden ist, wird jedes neu hergestellte Proteoglykan durch die vorhandenen MPPs schnell abgebaut.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Glucosamin-Aufnahme nur dann sinnvoll sein kann, wenn gleichzeitig die Entzündung gehemmt wird und die überlastende Tätigkeit (sofern zutreffend) gestoppt wird.
Vor diesem Hintergrund ist die Grünlippmuschel eine gründlichere Lösung: Die Grünlippmuschel wirkt entzündungshemmend und ist reich an verschiedenen Glykosaminoglykanen, die auch Glucosamin enthalten.
In verschiedenen Studien wurde festgestellt, dass die Grünlippmuschel tatsächlich entzündungshemmend wirkt und Glucosamin darin übertrifft. Glucosamin hat sich nur in vitro als entzündungshemmend erwiesen, aber in vivo zeigt sich keine Wirkung. Das bedeutet, dass in einer Schale mit Zellen im Labor eine entzündungshemmende Wirkung gemessen wurde, die in der Praxis (im menschlichen Körper) aber keine Bedeutung hat.

Wie ist es dann möglich, dass Glucosamin so beliebt ist?

Trotz dieser Dinge merken doch einige Menschen deutlich, dass Glucosamin ihnen tatsächlich etwas Linderung verschafft. Wie ist das möglich?
Erstens müssen wir den Placebo-Effekt in Betracht ziehen. In den klinischen Studien mit Glucosamin wurde bisher nur ein sehr begrenzter (meist sogar überhaupt kein) Effekt im Vergleich zum Placebo gefunden[1].
Der Placebo-Effekt funktioniert folgendermaßen: Jemand leidet unter etwas und verwendet ein Mittel, um es zu bekämpfen. Das Präparat wirkt ausgezeichnet, denn schon allein das bloße Wissen, dass etwas verwendet wird, entspannt den Patienten und führt bei vielen Menschen zu weniger Beschwerden. Es ist auch möglich, dass der Gebrauch einer bestimmten Substanz dazu führt, dass man extra auf die Gelenke achtet. Dadurch sind (vorübergehende) Verbesserungen spürbar, egal welche Art von Medikament verwendet wird. Oder man passt sofort den gesamten Lebensstil an und beginnt, gesünder zu essen, sich mehr zu bewegen und bewusster zu leben. Und schließlich beginnt man oft mit der Einnahme eines bestimmten Medikaments, wenn die Beschwerden sehr schlimm sind. Es ist logisch, dass eine Krankheit wie Arthrose, mit ihren Höhen und Tiefen, danach oft wieder auftaucht – abgesehen davon, was man oder was man nicht einnimmt! Deshalb wird in den meisten Studien bei einem Teil der Gruppe ein Placebo verwendet: ein Produkt, das überhaupt keine Wirkstoffe enthält. Aber die Teilnehmer wissen nicht, dass es das Placebo ist und denken, dass sie ein wirksames Medikament nehmen. Im Nachhinein werden die Betroffenen gefragt, was sie erlebt haben und ob sie glauben, dass das Medikament wirkt. Was kommt dann in der Regel dabei heraus? Das Placebo wirkt auch… Deshalb wird jedes neue Medikament zuerst daraufhin untersucht, ob es „besser als das Placebo” ist. Denn nur dann haben wir es mit einer tatsächlichen Wirkung zu tun.

Worin besteht der Unterschied zwischen Glucosaminsulfat und Glucosaminhydrochlorid?

Die meisten glucosaminhaltigen Produkte enthalten den Zusatz „Sulfat” oder „Hydrochlorid”. Hydrochlorid wird manchmal auch „HCl” abgekürzt, sodass der Eintrag Glucosamin-HCl lautet.
Glucosaminsulfat gilt als besonders wertvoll, weil diese Variante auch die Schwefelgruppe trägt, die als Verbindung mit anderen Molekülen verwendet werden kann. Ein Nachteil dieser Variante ist, dass sie weniger stabil ist. Daher sollte dem Stoff Natriumchlorid oder Kaliumchlorid zugesetzt werden, um ihn stabil zu halten, wenn er mit Wasser oder Luft in Berührung kommt. Dieser Zusatz von Natriumchlorid oder Kaliumchlorid kann bis zu einem Drittel des Gewichts einer Glucosamin-Tablette ausmachen. Deshalb sind Glucosamin-Tabletten oft sehr groß: Die Dosierung muss hoch genug sein, um eine Wirkung zu erzielen, soweit sie nachgewiesen ist.
Glucosaminhydrochlorid ist stabiler und enthält prozentual mehr Glucosamin als Glucosaminsulfat. Glucosaminhydrochlorid hat aber vermutlich eine (noch) geringere Wirkung als Glucosaminsulfat, da es keine Schwefelgruppe gibt. Tatsächlich zeigte sich in den jüngsten klinischen Studien, dass Glucosaminhydrochlorid nicht wirkt [2].

Anwendung von Glucosamin bei Tieren

Glucosamin wird seit vielen Jahren bei Hunden, Katzen und Pferden mit Arthrose eingesetzt. Merkwürdigerweise wirkt es sehr gut gegen die Beschwerden, besonders bei Hunden und Pferden. Dies ist wahrscheinlich auf die unterschiedliche Zusammensetzung des Knorpels bei Tieren und des Verdauungssystems im Vergleich zum Menschen zurückzuführen. Im Verhältnis reichen nämlich schon extrem niedrige Dosen anderer Substanzen, wie z. B. der Grünlippmuschel aus, um eine große Wirkung zu erkennen. Hunde, Katzen und Pferde essen oft auch täglich das gleiche Futter, sodass eine neue Zutat in der Nahrung eher ein angenehmer Effekt ist und einen Unterschied macht. Wir Menschen dagegen essen viel abwechslungsreichere Lebensmittel, und deshalb sind höhere Dosen notwendig oder schlagen solche Produkte manchmal gar nicht an.

Ist es dann immer noch ratsam, Glucosamin weiter einzunehmen?

Wenn Sie selbst von Glucosamin profitieren, nehmen Sie es ruhig weiterhin ein. Es kann nicht schaden, es zu verwenden. Selbst wenn es nur einen Placebo-Effekt hätte, ist es auch ein Effekt und das ist immer noch besser als gar nichts. Zu Ihrer eigenen Sicherheit können Sie die Einnahme eine Weile aussetzen, um zu sehen, ob die Probleme wiederkehren. Oder vielleicht finden Sie heraus, dass Sie Glucosamin überhaupt nicht benötigen. Die Zeit wird es bringen, und Sie können dann selbst entscheiden, ob es sich lohnt, die Einnahme fortzusetzen.
Wenn Sie schon seit Jahren Glucosamin einnehmen und keine spürbare Wirkung in den Gelenken verspüren, macht es keinen Sinn, weiterzumachen. Viele Hersteller wollen Ihnen weismachen, dass Glucosamin erst nach sechs Monaten Einnahmedauer seine Wirkung entfaltet. Und dass es, wenn Sie es nicht spüren, dennoch sinnvoll ist, damit jahrelang weiterzumachen. In der Praxis wissen wir jedoch in der Regel nach 3 Monaten bereits, ob es wirkt oder nicht. Gleichzeitig ist es natürlich immer schwierig zu bestimmen, wie Ihre Gelenke gewesen wären, wenn Sie Glucosamin die ganze Zeit nicht eingenommen hätten. Basierend auf den Ergebnissen großer klinischer Studien[1] hätte es für Ihre Gelenke mit Arthrose keinen Unterschied gemacht, ob Sie Glucosamin eingenommen hätten, oder nicht. Es wird jedoch immer häufiger angenommen, dass der Gebrauch von Glucosamin bei gesunden Menschen (ohne Arthrose) eine präventive Wirkung gegen die Entstehung von Gelenkproblemen hat. Dies ist wahrscheinlich auf den Einfluss von Glucosamin auf die Autophagie zurückzuführen[3]. Autophagie (englisch: autophagy) ist ein normaler Prozess, der im ganzen Körper abläuft, in dem sich eine Zelle „selbst auffrisst”. In den Gelenken soll die Autophagie mit der Entstehung von Arthrose zusammenhängen. Die Hersteller von Glucosamin-Präparaten gehen dieser Frage nun weiter nach. Einige Leute behaupten auch, dass Glucosamin einen positiven Effekt bei einigen ganz anderen Erkrankungen hat. Denn dann wäre dieses Produkt wahrscheinlich immer noch nützlich für den langfristigen Gebrauch durch Menschen.

Lesen Sie auch einmal unseren anderen Artikel über Glucosamin, Chondroitin, Hyaluronsäure und Methylsulfonylmethan (MSM) bei Arthrose. Darin wird auch darüber gesprochen, ob die Kombination von Glucosamin mit ähnlichen Substanzen (Glucosamin mit Chondroitin, Glucosamin mit MSM oder Glucosamin mit Chondroitin und MSM) eine bessere Wirkung als die alleinige Verwendung von Glucosamin zeigt.

[1] Wandel, S.; Jüni, P.; Tendal, B.; Nüesch, E.; Villiger, P.M.; Welton, N.J.; Reichenbach, S.; Trelle, S. (2010) Effects of glucosamine, chondroitin, or placebo in patients with osteoarthritis of hip or knee: network meta-analysis. British Medical Journal 341;c4675.
[2] Fox, B.A. und Stephens, M.M. (2007) Glucosamine hydrochloride for the treatment of osteoarthritis symptoms. Clinical Interventions in Aging2;599-604.
[3] Caramés, B.; Kiosses, W.B.; Akasaki, Y.; Brinson, D.C.; Eap, W.; Koziol, J.; Lotz, M.K. (2013) Glucosamine activates Autophagy in vitro and in vivo. Arthritis & Rheumatism 65;1843-1852.

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